CanJam London 2022 - Tag2

CanJam London 2022 - Tag2

Zweiter Tag an der CanJam London 2022. 

Etwas müde und verkatert gehts ins 3. UG des Park Plaza Westminster Hotels, weg aus der Sonne in den "Hifi-Keller". 😅 Ich habe eine ziemliche Liste an Sachen, die ich mir anschauen und natürlich anhören möchte und die Zeit ist knapp. 

Am Stand eines Englischen Händlers treffe ich Justin von Viking Weave Cables, die das grossartige Kabel der Lime Ears Anima fertigen. Wir unterhalten uns ein bisschen über unsere bisherigen Show-Highlights, schliesslich teste ich die Thieaudio Voyager 16 IEMs.

Bildquelle: www.thieaudio.com

Zweifelsohne ein guter In-Ear, aber Justin, ich und ein weiterer Teilnehmer sind uns einig: Es gibt für ca. 1500 USD bzw. CHF besseres. Das soll keineswegs heissen, dass die Voyager 16 schlecht oder ihr Geld nicht wert sind - sie stechen einfach nicht wirklich aus der Masse der verfügbaren Optionen heraus. Auflösung, Stimmer, Bass, alles auf hohem Niveau, aber eben nichts, an dass man sich erinnert.

Der andere Teilnehmer schlägt mir vor, die FIR Audio XE6 zu testen, das Top-Modell von FIR. Super, das hatte ich sowieso vor! 😁 

Nach kurzer Zeit wird klar: Die sind nichts für mich. 😥 Optisch wie akustisch sprechen die XE6 eine eigene Sprache, was ja an sich nicht Schlechtes sein muss - Leider ist das nicht meine Sprache, will heissen, ich werde mit den Dingern nicht warm. Für den aufgerufenen Preis von immerhin 3900 USD stören mich doch eine ganze Menge Dinge.

Eins gleich voraus: Ja, die XE6 haben jede Menge Bass, vor allem Sub-Bass, der in der vorliegenden Implementierung aber dummerweise die anderen Frequenzen übertönt und zudem noch recht langsam zu sein scheint. Dafür fehlt mir komplett der Mid-Bass, der nötig wäre, um Stimmen präsent und sonor rüberkommen zu lassen. Somit "saufen" die Mitten etwas ab bzw. treten im Geschehen in den Hintergrund.

Die Auflösung bzw. Detailwiedergabe ist ok, aber angesichts des Preises nicht überragend. Bühne und Instrumententrennung sind Durchschnitt. Dazu kommt noch, dass sich zumindest für meine Ohren das Metallgehäuse nicht besonders angenehm anfühlt und auch die Passform für meine Ohren nicht optimal ist. Alles in allem bin ich enttäuscht, denn ich hatte tatsächlich mehr erwartet - viel mehr. Natürlich ist "Hören" immer sehr individuell und es wird sicher auch Leute geben, die die XE6 toll finden. Das hier ist ja auch nur mein persönlicher Eindruck...

Nach kurzer Diskussion mit den Umstehenden bekomme ich einen "heissen Tipp": Geh mal zu Jomo Audio und hör dir ihren neuen GT600 an! Das mache ich prompt. Nach kurzem netten Gespräch mit Joseph, dem Gründer und Entwickler von Jomo lege ich los und stöpsle den GT600 in meinen Cayin N8ii

Licht im Dunkeln

GT600
Bildquelle: www.jomoaudio.com

Ich spüre, wie sich meine Augen weiten, meine Mundwinkel nach oben gehen und grinse Joseph mit erhobenem Daumen an: Das hier ist der "real deal"!
Das hier ist ein Flagschiff auf extrem hohem Niveau, dass sich nicht hinter den grossen Playern der Branche verstecken muss.

Der GT600 ist ein Tribrid mit 2DDs, 6BAs und 4ESTs mit einer Hülle, die komplett aus Karbon gefertigt ist ("Forged Carbon Shell). Dazu ein sehr anständiges Kabel, dem man die Qualität sofort ansieht. Das Ergebnis: Mein CanJam London Highlight

Wieso fragen Sie? Ganz einfach: Der GT600 ist herrlich detailliert mit der richtigen Protion "Sparkle" in den Höhen, absolut keinerlei Spur von Schärfe oder "Sibilance" und dazu gibts einen herrlich kontrollierten, schnellen Bass der Extraklasse obendrauf: Das können nur ganz ganz wenige so gut! Ach ja, Kanaltrennung und Bühne sind schlichtweg hervorragend und sollten den Wunsch vieler Musikliebhaber nach mehr Räumlichkeit voll erfüllen. 

Ich werde versuchen, ein Demo-Exemplar von Joseph zu bekommen und eine kleine Schweiz-Tour damit zu planen, um Feedback zu diesem tollen In-Ear einzuholen. Fällt das Feedback sehr positiv aus, wird der GT600 früher oder später bei Audio Essence landen. 

Übrigens hatten Jomo Audio auch noch einen spannenden Prototypen am Start, der zeigte, dass Joseph wohl noch das eine oder andere Ass im Ärmel hat. Ich jedenfalls bin sehr gespannt!

Grosskaliber

Meine letzte Amtshandlung vor dem Lunch-Break sollte der Besuch von dCS sein, die hier auf der CanJam ihr neuestes All-In-One Wunderwerk "Lina" verführten. Sie hatten sogar eigens dafür einen grossen separaten Raum gemietet und diesen mit etlichen kleineren "Cubicles" ausgestattet, so dass geneigte potenzielle Kunden ganz in Ruhe ihr edles Ensemble aud DAC, Amp und Power Supply testen konnten. 

Da ich bereits bei einem Kunden den Vorgänger "Bartok" mit den Spirit Torino Valkyria ausgiebig gehört hatte, war ich natürlich gespannt, ob die von mir bemängelte etwas "künstliche" bzw. unnatürliche Tonalität mit dem Nachfolger behoben war. 

Also schnappte ich mir bei Spirit Torino den Pulsar, meinen absoluten Lieblingskopfhörer, den ich nur zu gut kenne (und der technisch baugleich mit der Valkyria ist) und sprintete die Treppe hoch zum Vorführraum.

dCS Lina

Als erstes liess ich einen anderen Teilnehmer, der offensichtlich an der Pulsar interessiert war, testen. Ich wollte hören, was er zur Kombi mit dem "Lina" zu sagen hatte. Sein Eindruck war gemischt, ja sogar recht kritisch. Das, was er mir beschrieb, deckte sich so gar nicht mit meinen Eindrücken dessen, wozu die Pulsar fähig ist. 

Als nächstes probierte ich es selber aus - Natürlich mit einigen meiner eigenen Testsongs, um sicher zu gehen, dass ich den richtigen Eindruck bekomme. 

dCS Lina

Und auch diesmal verzogen sich fast augenblicklich meine Mundwinkel - aber nach unten. ☹️ Ich hatte alles erwartet, nur nicht das, was sich meinen Ohren aus der Kombi eines 6000 Franken Kopfhörers mit einem 33'000 Franken Komplettsystems darbot. 

Die Pusar tönten flach, blutleer, fast ohne Bass. Und genau wie beim Bartok gab es hier zwar Details satt, aber leider auch diese unangenehm künstliche Tonalität, die sich anhörte, als wäre das Signal zu häufig "oversampled" worden...was wohl hier auch der Fall ist. 

Nein, das kann nicht sein, das ist nicht der gewohnte Klang meiner geliebten Pulsar! So schnell wie ich gekommen war, verdrückte ich mich wieder einen Stock tiefer und mein Gesicht sprach wohl Bände, als ich die Pulsar zurück zu Spirit Torino brachte. Ich setzte mich kopfschüttelnd und ohne weitere Worte an Ihren Amp-Prototyp "Sigfrid", der lediglich von Audio-GDs Einstiegs-R2R DAC gespeist wurde und wiederholte die Hörsession. 

Spirit Torino Pulsar


Aufatmen

Mein Gehör hatte mich nicht getäuscht und auch mit der Pulsar war alles in Ordnung. Das, was ich hier hörte, war pure Magie und strahlend nickte ich Andrea zu. So soll es klingen!

Mir bleibt nur nochmals zu betonen, dass jeder Mensch andere Ohren und Präferenzen hat. Für mich persönlich war das "Lina" System von dCS die grösste CanJam Enttäuschung. Ich kann es leider nicht anders sagen.

Ja, ich hatte Wunder erwartet, Magie pur. Und ich schätze für 33'000 USD bzw. Franken darf man das auch. 

Was noch dazu kommt und für mich als erfahrener User Experience Designer ein absolutes No-Go ist: Die Bedienung. Man hat das Gefühl, das System hätte Touch-Screens, doch unter den grossen vermeintlichen Touch-Bedienfeldern befinden sich "Touch-Buttons", die lediglich durch einen leuchtenden Punkt gekennzeichnet sind (siehe Bild). Ich versuchte tatsächlich mehrmals, trotz besseren Wissens, den Screen zu tappen, um Änderungen vorzunehmen und durchs Menu zu navigieren. 😱

Die hier vorliegende Bedienung ist schlichtweg eine Frechheit! Für 33k schaffen es dCS nicht einmal, einen Touch-Screen mit intuitiver Bedienung zu verbauen?!🤬

Egal. genug für den Moment. Mein Kopf begann zu brummen, ich brauchte eine Pause! Zeit für Lunch...


Bye bye CanJam

Leider war's das für mich auf der CanJam, denn meine vermeintliche kurze Lunch-Pause entwicklete sich in einen Dauer-Aufenthalt in meinem Hotelzimmer. Wie angerührt lag ich innert einer Stunde mit hohem Fieber flach und konnte somit leider nicht zurück zur Ausstellung. Eine Sommergippe hatte mich fest im Griff und gefährdete auch meinen Rückflug in die Schweiz. 🤒

Aber zum Glück gibt's ja Medis und mit entsprechend hochdosiertem Ibuprofen "vollgepumpt" schaffte ich es doch am kommenden Tag bis nach Hause! 😅

Die CanJam London 2022 ist vorbei und es war toll - vor allem, all die Leute zu treffen und mit Ihnen die Show zu geniessen. Auch wenn dieses Jahr ca. 30-40% der Aussteller fehlten! 

Ich danke allen Beteiligten für die tollen Gespräche und die gute, wenn auch kurze Zeit miteinander. Bis zum nächsten mal! 🙌🤩

 

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